Alles fing mit einer Samentüte an.
Ein Zufallsgriff, es hätten auch Stiefmütterchen sein können, aber nein, ich wurde vom leuchtenden Blau der Samentüte "Delphinium" magisch angezogen und griff zu.
Zwei Samen aus meiner Wundertüte wuchsen zu kleinen Pflänzchen heran, überlebten den Winter und erfreuten mich im folgenden Sommer mit ihren dunkelblauen Blütenrispen.
Sie waren deutlich kräftiger als die bisher gekauften fertigen Pflanzen.
Um selbst Samen zu erhalten, nahm ich die braunen Samenschoten der verblühten Pflanzen ab, ließ die darin enthaltenen Samen in ein altes Marmeladenglas rieseln und vergaß das Glas samt Samen. Aus der Aussaat im Sommer, die in Fachzeitschriften empfohlen wird, wurde also nichts.
Als ich im folgenden April die kleinen schwarzen Kügelchen wiederfand, war es dann auch egal, sie kamen in eine Kiste mit normaler Blumenerde, wurden feucht gehalten und mit wenig Hoffnung beobachtet.
Sie keimten sehr schnell, wuchsen flott zu kleinen Pflänzchen heran und kümmerten sich nicht um Lichtkeimung oder andere für Ritterspornkinder wichtige Angelegenheiten.
Im Spätsommer bekamen acht Pflanzen einen Platz im Garten, der Rest der Mannschaft wurde verschenkt.
Noch im selben Jahr bildeten alle Ministauden eine Blütenrispe und ich staunte nicht schlecht, jede Pflanze hatte nicht nur eine unterschiedliche Blattform, sondern auch eine andere Blütenform und -färbung.
Seitdem bin ich vom Rittersporn-Virus befallen.
Warum die ausgesäten Keimlinge sich zu so kräftigen Pflanzen entwickeln? Vielleicht, weil sie sich von Anfang an zu Hause fühlen. Sie kennen vom ersten Tag an die besonderen Bedingungen des Gartens.
Im zweiten Jahr entwickelten sich alle Rittersporne zu hohen Stauden. Deshalb vermute ich, dass sie von Delphinium elatum abstammen. Etwa fünf Jahre wachsen sie zu großen, kräftigen Pflanzen heran, dann werden sie immer kleiner und schwächer.
Alle Rittersporne im Garten stammen von den zwei Pflanzen aus der Samentüte, die ein dunkles Blau hatten. Im Laufe der Jahre sind viele Blautöne, vereinzelt weiß und häufig Lila dazugekommen. Auch werden die neuen Pflanzen unterschiedlich groß, wenn auch die meisten 1,50 Meter schaffen.
Jedes Jahr bin ich gespannt, welche Farbtöne neu dazukommen oder ob die Staude hell- oder dunkelgrünes Laub, geschlitzt oder mehr tellerförmige Blätter trägt.
Da ich die zweite Blüte erst spät zurückschneide, keimen inzwischen genug Pflanzen an Ort und Stelle, so dass ich eigentlich keine Samen mehr sammeln müsste. Aber trotzdem stelle ich jedes Jahr ein Kistchen mit Ritterspornsamen auf. Noch immer im April, auch wenn das eigentlich falsch ist. Meine Rittersporne keimen und scheren sich nicht um Vorschriften.
Viele kleine Pflänzchen wurden in den letzten Jahren verschenkt und ich freue mich immer, wenn ich erfahre, mit wie viel Spannung erwartet wird, in welcher Farbe der neue Rittersporn blühen wird.
Warum sie bei mir so gut gedeihen?
Das werde ich oft gefragt.
Wichtig ist es, besonders im Frühjahr sehr genau auf Schnecken zu achten. Eine Schnecke genügt um den Neuaustrieb zu vernichten.
Verfressen sind aber auch die großen Stauden. Sie brauchen eine ordentliche Portion Staudendünger und bekommen bei mir zusätzlich Kompost. Auch nachdem die erste Blüte abgeschnitten wurde, möchten sie gern gefüttert werden. Auch etwas Hornspäne als Nachtisch mögen sie sehr gern.
Ja, und wer viel isst, muss auch viel trinken. Zu mindest beim Rittersporn ist das so. In den vergangenen trockenen Wochen bekamen sie jeden Abend eine kräftige Dusche auf den Wurzelbereich, wobei ich die Pflanze selbst gern trocken halte.
Ein paar nette Worte zur Aufmunterung und das war es auch schon.
Beim offenen Garten am 18. Juni werde ich wieder etliche Ritterspornpflanzen verschenken. Vielleicht erfahre ich später, welche Farbe sie haben.